Wenn Schreiben sich anfühlt, wie wenn „es“ schreibt, entsteht ein sehr produktiver Fluss des Schreibens. Dann taucht man ins Thema ein wie in ein Bad oder schwingt sich von Idee zu Idee. Solche Erlebnisse erschließen sich einerseits durch Übung und andererseits durch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Sich in einen Fluss zu schreiben, erfordert neben allen systematisch zu erwerbenden wissenschaftlichen Kompetenzen nicht zuletzt auch den Glauben an sich selbst: Ja, ich bin es, der oder die jetzt loslegt, und ich kann es, weil ich ein Ziel habe, mir das Thema Freude macht und ich die Gedankengänge der Autor:innen der von mir ausgewählten Literatur schätze.
Andererseits können die verschiedensten Formen von Blockaden daran hindern, in einen solchen „Flow“ des Schreibens zu kommen:
- Angst vor der eigenen Courage und Katastrophenstimmung: „Nie und nimmer wird diese Arbeit fertig, geschweige denn positiv beurteilt werden!“
- Das leere Blatt, die leere Textdatei können ordentlich Druck machen und prompt eine Leere im Kopf erzeugen
- Vorstellungen von wissenschaftlicher Sprache entfremden vom persönlichen Stil
- Die Ansprüche an sich selbst, z.B. jedwede relevante Literatur zu recherchieren und zu lesen
- Als innere Zensoren können Glaubenssätze fungieren, eine Wirklichkeit des Misserfolgs konstruieren, wie z.B.: „Du wirst Dich am Ende schrecklich blamieren!“, „Was, das verstehst Du unter Wissenschaft?“
- Der Lebensalltag ist so organisiert, dass es sicher keine Zeit zum Schreiben gibt
- Schreibhemmungen können verschiedene Gestalten annehmen: Lustlosigkeit, Müdigkeit, Wohnung putzen und jede willkommene Form der Ablenkung
Schreibcoaching kann in solchen Situationen unterstützen. Es orientiert sich im Wesentlichen an typischen Anforderungen von wissenschaftlichem Arbeiten und geht auf mögliche Herausforderungen beim Schreiben ein:
- Wahl eines Themas und Entwicklung einer zentralen Forschungsfrage: Klarer Fokus statt Praxis der Galaxis
- Begründete Entscheidung für eine passende Methode
- Erstellung eines Konzepts/Exposés
- Entwicklung eines realistischen Zeitplans
- Vertrauensvolles Arbeitsbündnis mit Betreuer/Betreuerin an der jeweiligen Einrichtung etablieren
- Klarheit bezüglich formaler Vorgaben: Schreibformate, Genderregeln, Zeithorizont etc.
- Recherche und Einschätzung relevanter Literatur
- Aufbau und Struktur einer Arbeit: Roter Faden und Formatierung
- Generierung von empirischen Daten. Analyse und Interpretation
- Diskussion der Ergebnisse – inklusive Reflexion von Begrenzungen/Limitationen
- Erstellung von Rohtexten – als vorläufig niedergeschriebene eigene Gedanken
- Überarbeitung von Texten: Begrifflichkeit, Grammatik, Satzbau, Sprachstil, Orthographie, Interpunktion, Zitate, Genderregeln, allfällige Anpassungen der Länge je nach Vorgaben
- Praxisbezug und Ausblick
- Abstract/Kurzfassung
- Reflexion von speziellen Schreibblockaden, speziell von unbewussten Selbstbildern
- Reframing nachteiliger Aspekte innerer Zensur: Aufbau eines hilfreichen inneren Teams
- Schreibtraining mit Hilfe von experimentellen Methoden, z.B. Freewriting oder Schreiben im Tandem
- Entwicklung einer Präsentation
- Was mich immer wieder sehr berührt: Oft braucht es einfach auch nur ein wenig empathische Aufmunterung, um in einen gedeihlichen Fluss des Schreibens zu kommen
Schreiben ist eine sehr persönliche Kunst, daher braucht Schreibcoaching auch sehr persönliche Lösungen. Die Kunst des Coachings ist es, Autoren und Autorinnen so achtsam und empathisch zu begleiten, damit sie ihren eigenen Schreibstil entwickeln und am Ende mit Fug und Recht stolz auf ihre Texte sein können.
Im Fall einer Graduierung an einer akademischen Einrichtung muss Schreibcoaching auch deren Erwartungen berücksichtigen. Jede akademische Institution, jede Fachrichtung entwickelt spezielle Anforderungen an schriftliche Arbeiten. Die Annahme und positive Bewertung einer Arbeit verlangt ein gutes Arbeitsbündnis von Studierenden mit Lehrenden und Betreuenden. Letztere haben mitunter wenig Zeit zur Auseinandersetzung mit einzelnen Studierenden und deren Texten. Daher kann es vorkommen, dass sie Kenntnisse voraussetzen, über die Studierende noch nicht verfügen und sich nicht getrauen, nachzufragen. Mitunter geben Betreuende Feedbacks, die unklar wirken oder übersehen aufgrund der Arbeitslast, wie sie in akademischen Institutionen heutzutage üblich ist, sogar den ein oder anderen Fehler im konsistenten Aufbau einer Arbeit.
Eine wichtige Aufgabe sehe ich daher darin, als eine Art Lotsin zu dienen, damit meine Klienten und Klientinnen
- sich in den Welten akademischer Kultur zurechtfinden
- den Erwartungen und Vorgaben von Universitäten, Fachhochschulen und Instituten entgegenzukommen wissen
- Fehler beizeiten korrigieren, insbesondere bei der Generierung und Auswertung von Daten
- gegebenenfalls auch mit schwierigen Situationen zurechtkommen können
Ich bin fachlich gut vernetzt und arbeite mit einer Medizinerin und einem Psychologen zusammen, die gegebenenfalls thematisch und methodisch unterstützen können.